 Der Krebs wirkt noch recht eingeengt und darum klebe ich um das Blatt weitere Papiere herum. Hauptsächlich gestalte ich die linke Seite nun weiter hinzu, wobei ich die »Einschädelung« mal ignoriere.
Mir scheint, als müsste ich den Krebs mittels meiner mit einer Schaufel »bewaffneten« Hand in sein Biotop schubsen, denn schließlich will ich ihn ja loswerden! Aus Sorge, mein Wünschen, Einladen und Locken könnten nicht ausreichen und er verschwindet nicht selbst, male ich immer entschlossener und damit fester im Farbton.
Ich versuche also, die Auflösung der Störung im wahrsten Sinne des Wortes »handfest« mit der Schaufel voranzutreiben. Die Formen verdichten sich und seltsamerweise fasst die Hand zärtlich die Fläche und nicht den Griff der Schaufel. Dieser wiederum erinnert zunehmend an einen Phallus.
Das Ganze wirkt verknotet, wie eigentlich nur mit sich selbst beschäftigt. Die helle, strahlende Seite rechts dagegen (und damit für mich: die rechte Hirnhälfte) sieht dabei eigentlich recht freundlich aus und gefällt mir sehr gut, sie sieht harmonisch aus und in sich stimmig.
Die eigentliche Verhärtung und Verdichtung liegt offensichtlich eher auf der von oben betrachtet linken Hirnhälfte, bei der Hand und der Schaufel. Sie wirkt geradezu brutal und erschreckt mich sogar. Ich hoffe aber auch, dass der Krebs sich ebenfalls erschreckt und sich aus dem Staub macht. Doch wofür steht das Getümmel auf der linken Seite? Ich bin irritiert. Eigentlich wirkt die linke Seite wie betroffen von »Etwas«, angefüllt mit Kräfte zehrendem, unruhigem Getue und einer Menge Aktionismus.
Doch dann stellt sich bald heraus, dass ein CT- und MRT-Bild nicht von der Schädeldecke her, sondern von unten, also vom Rumpf her betrachtet werden müsse! Das wäre auch durch die Kennzeichnung der Seiten durch die Buchstaben »R« und »L« auf den Schnittbildern erkennbar. Die sind mir in der Aufregung allerdings entgangen. Auf dem gestalteten Bild befindet sich als links das »Problem«, und so stellt sich meine kunsttherapeutische Selbstbehandlung plötzlich ganz anders dar:
Ich habe, wenn ich meine bisherige Perspektive einbeziehe, sehr treffend genau das gezeigt, was den Ort angeht, wo die Ursache der Gesichtsfeld-Einengung liegt. Zugleich stelle ich eine bis zu dieser Gestaltung unbewusste mögliche Verursachung dar.
Das Anstrengende mag in meinem unermüdlichen und dennoch erfolglose Bemühen, in meinem fortwährenden Anschieben liegen, um etwas auf den Weg - um etwas zuwege - zu bringen. Ich habe die rechte Seite als »Krebs-Seite« angenommen. Aber aus korrekter Perspektive betrachtet ist die rechte Seite unbetroffen. Meine Vorstellung, den Krebs in ein ihm angemessenes Biotop zu schicken, entstand aufgrund eines Denkfehlers, dadurch aber habe ich gerade die betroffene Seite als verhärtet dargestellt.
 Ich bin selbst erstaunt über die Weisheit, die sich in dieser Arbeit zeigt. Die verdichteten Farbflächen und stark konturierten Formen (der Hand und der Schaufel) könnten durchaus für meine eigene Verhärtung, Rigidität oder Erstarrung in meinem Denken und meiner Haltung stehen, für mangelnde Flexibilität.
Mit meiner Verwechslung der Seiten habe ich die Störung unbewusst korrekt dargestellt, ich muss nur noch das gemalte Bild im Spiegel anschauen und habe so die Ansicht vom Rumpf her, und schon stimmt dieses Bild ziemlich gut mit den Befunden in den Schnittbildern von CT und MRT überein! Hat meine Intuition so meinem Denken ein Sch(n)ippchen (ins Hirn) gespielt?
Die Zangen des Krebses im gespiegelten Bild kann ich nun zudem als die X-förmig erscheinenden Ventrikel (Gehirnkammern) zwischen den Hirnhälften auffassen, die im Schnittbild ziemlich gequetscht aussehen. |